Rechtsberater – Part I
Eine Ausbildung anzutreten ist ein großer Schritt, der in der Regel viele Fragen aufwirft. Vor allem in Rechtsdingen sind die meisten „Azubis to be“ noch nicht fit, wenn sie den Arbeitsalltag im Betrieb noch nicht kennengelernt haben. Zu diesem Zweck möchte ich hier den Rechtsberater ins Leben rufen, der von Azubis häufig gestellte Rechtsfragen beantwortet und Unsicherheiten aus der Welt schaffen soll.
Als erstes Thema hier würde ich gerne den Arbeitsvertrag behandeln, da dieser ja nach erfolgreicher Bewerbung einer der ersten Kontakte mit dem neuen Arbeitgeber ist.
Angenommen, ein Azubi erhält einen Arbeitsvertrag mit folgenden Klauseln. Sind diese rechtmäßig?
- "Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 35 Stunden, ohne Berücksichtigung von Pausen."
→ Diese Regelung der Arbeitszeit ist zulässig. Azubis dürfen sogar bis zu 8 Stunden täglich arbeiten. Die Arbeitszeit ist für volljährige Azubis somit auf 48 Stunden pro Woche begrenzt, für die Minderjährigen auf 40 Stunden. Bei Ableistung von Mehrarbeit (also Überstunden) muss ein angemessener Freizeitausgleich erfolgen oder eine zusätzliche Vergütung gezahlt werden. - Die ersten fünf Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit."
→ Dies ist so zumindest bei Arbeitsverträgen mit Auszubildenden nicht erlaubt. Hier liegt die maximale Dauer der Probezeit bei 4 Monaten. - "Der Auszubildende erhält 19 Tage bezahlten Urlaub."
→ Auch diese Regelung ist so nicht zulässig. Laut Bundesurlaubsgesetz sind für volljährige Auszubildende mindestens 24 Werktage als Jahresurlaub vorgeschrieben. Für minderjährige Azubis liegen die festgelegten Urlaubstage sogar noch höher: 17-Jährigen stehen 25 Werktage zu, 16-Jährigen 27 Werktage und 15-Jährigen sogar 30 Werktage im Jahr. - "Die Zahlung der Ausbildungsvergütung erfolgt innerhalb der ersten sieben Tage des Folgemonats."
→ Grundsätzlich hat der Azubi Anspruch auf Entlohnung am Ende des Monats. - "Bei unverschuldeter Krankheit besteht Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung bis zur Dauer von 5 Wochen."
→ Nein, der Azubi hat Anspruch auf 6 Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. - "Nach Berufsschultagen von 6 Stunden à 45 min muss die Differenz zur regelmäßigen Arbeitszeit im Betrieb nachgearbeitet werden."
→ Diese Regelung ist für den volljährigen Azubi rechtmäßig. Bei minderjährigen Auszubildenden gilt, dass 5 Unterrichtsstunden à 45 min einem vollen Arbeitstag entsprechen. - "Beim Ausscheiden überreicht der Arbeitgeber dem Auszubildenden ein schriftliches Zeugnis, welches Angaben über Art und Dauer der Beschäftigung sowie Aussagen zur Leistung und Führung enthält."
→ Hierbei handelt es sich um ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis, welches in der Regel vom Auszubildenden beantragt werden muss. Ein einfaches Arbeitszeugnis (mit Angaben über die Art und Dauer der Beschäftigung) ist die Regel.
Außerdem gilt der Grundsatz, dass Arbeitsrecht Günstigkeitsrecht für den Arbeitnehmer ist. Das heißt, wenn es für den Arbeitnehmer oder Azubi einen Vorteil bringt, darf von den gesetzlichen Regelungen abgewichen werden.
Mit der Analyse dieser Klauseln habe ich euch hoffentlich einen interessanten und auch hilfreichen Einblick in das Arbeitsrecht gewährt. Bis zum nächsten Mal!