Studium für die Schlauen – Ausbildung für die Dummen?!

Studium für die Schlauen – Ausbildung für die Dummen?!

„Wichtig ist, dass du zunächst einmal versuchst zu studieren. Wenn das nicht klappt, kannst du ja immer noch eine Ausbildung beginnen.“ Diesen Satz habe ich unzählige Male gehört und wahrscheinlich geht es einigen von euch ähnlich. Aber warum eigentlich? Sollte man wirklich studieren und ist eine Ausbildung nur der Trostpreis, wenn der Hauptgewinn nicht gelingt?

In diesem Blogbeitrag möchte ich diesen Fragen auf den Grund gehen. Hierbei sollte man sich zwei Fragen stellen: Warum sollen alle studieren und welchen Unterschied macht es für mich persönlich?

Warum sollen alle studieren?

Die kurze Antwort lautet: Sputnik-Schock. Hinter diesen zwei Wörtern verbirgt sich ein Stück Metall im All und ein Kalter Krieg. Als die Sowjetunion 1957 mit „Sputnik 1“ den ersten künstlichen Erdsatelliten ins All schoss, erschrak die westliche Welt, da der Wettlauf um den Mond damit in eine heiße Phase trat. Um diesen Wettstreit zu gewinnen, brauchte es vor allem eines – Bildung.

Das deutsche Bildungssystem musste überholt werden. Zu wenige machten Abitur und daher studierten auch zu wenige. Um im globalen Wettstreit nicht unterzugehen, gab es große Veränderungen im deutschen Bildungssystem und in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. „Wenn du im Leben etwas erreichen möchtest, musst du studieren, und um zu studieren, brauchst du Abitur.“ Das Studium wurde zum höchsten Gut und musste um jeden Preis attraktiver gemacht werden. Dass der Kalte Krieg vorbei ist und mittlerweile genug Menschen Luft- und Raumfahrttechnik studieren, scheint niemand unserem Bildungssystem verraten zu haben. Ein Defizit wurde ausgeglichen, aber ein anderes geschaffen – es gibt zu wenige Auszubildende.

Welchen Unterschied macht Studium oder Ausbildung für mich?

Generell unterscheiden sich die beiden Wege in den Voraussetzungen, der Dauer, der Ausrichtung, dem Praxisanteil, der Gestaltung, der Finanzierung sowie den Bewerbungs- und Berufsmöglichkeiten. Besonders wichtig ist dabei der Praxisanteil. Hier kommen wir zu einem Punkt, der durch den Sputnik-Schock fast in Vergessenheit geraten ist – die persönliche Ausrichtung. Die Frage „Wie lerne ich?“ sollte sich jeder spätestens bei der Wahl zwischen Studium und Ausbildung stellen.

Es funktioniert nämlich nicht jede Lernmethode bei jedem – das hat nichts mit dem Bildungsstand oder der Intelligenz zu tun, sondern damit, worauf das eigene Gehirn positiv reagiert. Manche können sich Inhalte sehr schnell durchs Hören merken, andere durch Lesen und wieder andere durch selbstständiges Erarbeiten. Am Ende gelangen alle zum gleichen Ziel, man muss nur den eigenen Weg kennen. Wenn du also von dir weißt, dass du Inhalte am schnellsten durchs Hören verinnerlichst und unter festen Strukturen aufblühst, könnte eine duale Ausbildung die ideale Wahl für dich sein. Engen dich jedoch vorgegebene Strukturen ein und du lernst besser durch eigenständiges Erarbeiten, könnte dir ein Studium die optimalen Freiheiten bieten.

Um die Ausgangsfrage zu beantworten: Nein, eine Ausbildung ist nicht nur für die „Dummen“ und ein Studium nicht nur für die „Schlauen“. Natürlich spielen viele weitere Faktoren bei der Entscheidung eine Rolle, aber grundsätzlich lässt sich sagen, dass ein Studium eher für diejenigen geeignet ist, die Freiheit schätzen, während eine Ausbildung besser zu denen passt, die Struktur bevorzugen. Lasst euch also nicht einreden, dass ihr den „Weg der Schlauen“ gehen müsst, um etwas zu erreichen. Geht euren Weg und kommt dort an, wo ihr hinwollt – nicht dort, wo der Sputnik-Schock euch gerne hätte. Viel Erfolg auf euren Wegen!

Mehr über den Autor: Leon Müller Leon absolviert derzeitig seine Ausbildung zum Medienkaufmann für Digital- und Printmedien. Wenn er sich nicht gerade mit Bodybuilding befasst, findet man ihn wahrscheinlich in der Küche mit einem brandneuen Rezept. Abgesehen davon begeistert er sich für Pokémon, One Piece und Videospiele.